Neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Multiple Sklerose stellen die Medizin vor immense Herausforderungen. Denn weltweit leiden Millionen Menschen an diesen Krankheiten, die durch den fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark gekennzeichnet sind. Und es betrifft jedes Jahr mehr Menschen.
Die Folgen sind gravierend: Verlust kognitiver Fähigkeiten, Bewegungseinschränkungen, Sprachstörungen und letztendlich der Verlust der Selbstständigkeit. Die konventionellen Therapien konzentrieren sich meist auf die Linderung der Symptome, doch die Suche nach wirksamen Behandlungsmöglichkeiten, die den Krankheitsverlauf verlangsamen oder gar stoppen können, ist in vollem Gange.
In diesem Zusammenhang rückt Cannabidiol (CBD) als vielversprechender Kandidat ins Blickfeld der Wissenschaft.
Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung eines Abschnittes einer wissenschaftlichen Meta-Studie aus Indien. Wir beziehen uns auf die Veröffentlichung von Chetna Bhagoji, die zum damaligen Zeitpunkt Assistenz-Professorin am Department of Chemistry, Maratha Mandal’s, Engineering College, Belagav, war.
Was ist CBD und wie unterscheidet es sich von THC?
CBD ist ein natürliches Cannabinoid, das in der Hanfpflanze (Cannabis sativa) vorkommt. Im Gegensatz zu Tetrahydrocannabinol (THC), dem psychoaktiven Bestandteil der Hanfpflanze, besitzt CBD keine berauschenden Eigenschaften. Das bedeutet, dass CBD keinen Rausch auslöst und nicht abhängig machen kann.
Stattdessen entfaltet CBD seine Wirkung durch die Interaktion mit dem körpereigenen Endocannabinoid-System (ECS), einem komplexen Netzwerk von Rezeptoren und Botenstoffen, das an der Regulation zahlreicher physiologischer Prozesse beteiligt ist.
CBD und seine neuroprotektiven Eigenschaften
Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass CBD neuroprotektive Eigenschaften besitzt, die für die medizinische Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen von großer Bedeutung sein könnten.
Zu den wichtigsten neuroprotektiven Mechanismen von CBD zählen:
Antioxidative Wirkung
CBD wirkt als Radikalfänger und kann so die Nervenzellen vor oxidativem Stress schützen. Oxidativer Stress entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und Antioxidantien im Körper. Freie Radikale sind instabile Moleküle, die Zellen und Gewebe schädigen können. Antioxidantien, wie z.B. CBD, können freie Radikale neutralisieren und so die Zellen schützen. Oxidativer Stress gilt als ein Schlüsselfaktor bei der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen
Entzündungshemmende Wirkung
CBD kann Entzündungsprozesse im Gehirn reduzieren, die ebenfalls zur Schädigung von Nervenzellen beitragen können. Entzündungen sind eine natürliche Reaktion des Körpers auf Verletzungen oder Infektionen. Chronische Entzündungen im Gehirn, wie sie bei neurodegenerativen Erkrankungen auftreten, können jedoch zu Schäden an Nervenzellen führen. CBD kann die Freisetzung von entzündungsfördernden Botenstoffen hemmen und so die Neuroinflammation reduzieren.
Modulation der Neurotransmission
CBD beeinflusst die Aktivität verschiedener Neurotransmitter und kann so zu einer verbesserten Signalübertragung im Gehirn beitragen. Neurotransmitter sind chemische Botenstoffe, die für die Kommunikation zwischen Nervenzellen unerlässlich sind CBD kann die Signalübertragung über verschiedene Neurotransmitter-Systeme modulieren, darunter das Endocannabinoid-System
Das Serotonin-System und das Adenosin-System
Förderung der Neurogenese
Es gibt Hinweise darauf, dass CBD die Neubildung von Nervenzellen im Gehirn stimulieren kann.
CBD - Ein Hoffnungsschimmer bei Alzheimer, Parkinson und Multipler Sklerose?
Die potenziellen Einsatzgebiete von CBD bei neurodegenerativen Erkrankungen sind laut der wissenschaftlichen Zusammenfassung, aus der hier zitiert wird, sehr vielfältig. Diese Erkenntnisse sind in diversen Studien erarbeitet worden, die Sie diesem Artikel ganz unten entnehmen können.
Alzheimer-Krankheit
Die Quellen deuten darauf hin, dass CBD mehrere positive Auswirkungen auf die Alzheimer-Krankheit haben könnte:
- Reduzierung der Bildung von Amyloid-Plaques: CBD könnte die Bildung von Amyloid-Plaques im Gehirn reduzieren. Diese Plaques sind Ablagerungen von fehlgefalteten Proteinen, die sich zwischen den Nervenzellen ansammeln und als ein charakteristisches Merkmal der Alzheimer-Krankheit gelten. Sie tragen zur Schädigung und zum Absterben von Nervenzellen bei und führen letztendlich zum kognitiven Abbau.
- Hemmung der Neuroinflammation: CBD hat entzündungshemmende Eigenschaften und kann die Neuroinflammation im Gehirn hemmen. Chronische Entzündungen im Gehirn schädigen Nervenzellen und tragen zum Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit bei.
- Neuroprotektive Wirkungen: Präklinische Studien zeigen, dass CBD neuroprotektive Wirkungen in Tiermodellen der Alzheimer-Krankheit haben kann. CBD kann Neuronen vor Schäden durch oxidativen Stress, Kalziumungleichgewicht und Glutamat-Toxizität schützen. Diese Faktoren spielen eine Rolle bei der Schädigung und dem Absterben von Nervenzellen bei Alzheimer.
Parkinson-Krankheit
Die Quellen heben die folgenden potenziellen Vorteile von CBD bei der Parkinson-Krankheit hervor:
- Linderung motorischer Symptome: CBD zeigt vielversprechende Ergebnisse bei der Linderung motorischer Symptome der Parkinson-Krankheit, wie z.B. Steifheit (Rigor), Zittern (Tremor) und langsame Bewegungen (Bradykinese). Diese Symptome werden durch den Verlust von dopaminergen Neuronen in der Substantia nigra, einem Teil des Gehirns, der die Bewegungssteuerung reguliert, verursacht.
- Schutz dopaminerger Neuronen: CBD kann dopaminerge Neuronen vor Neurotoxizität schützen und möglicherweise die Dopaminspiegel im Gehirn erhöhen. Dopamin ist ein Neurotransmitter, der für die Bewegungssteuerung unerlässlich ist.
Vielfältige neuroprotektive Mechanismen: Die neuroprotektiven Mechanismen von CBD bei der Parkinson-Krankheit sind vielfältig.
- CBD kann die Aktivität verschiedener Neurotransmitter-Systeme modulieren, die Neuroinflammation unterdrücken, die Neurogenese (die Bildung neuer Nervenzellen) stimulieren und oxidativen Stress reduzieren
Multiple Sklerose
Die Vorteile von CBD bei Multipler Sklerose, die in den Quellen erwähnt werden, sind:
- Linderung von Symptomen: CBD kann dazu beitragen, Schmerzen, Spastik (Muskelkrämpfe) und Fatigue (Erschöpfung), die häufige Symptome der Multiplen Sklerose sind, zu lindern. Dies kann die Lebensqualität von Menschen mit Multipler Sklerose verbessern.
- Modulation der Immunantwort: Es gibt Hinweise darauf, dass CBD den Krankheitsverlauf der Multiplen Sklerose positiv beeinflussen kann, indem es die Entzündungsreaktion im zentralen Nervensystem (ZNS) moduliert. Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Myelinscheiden angreift, die die Nervenfasern im ZNS schützen.
Schutz der Myelinscheiden: CBD kann die Aktivität von Immunzellen unterdrücken, die die Myelinscheiden angreifen. Der Schutz der Myelinscheiden ist entscheidend, um die Nervenleitung zu erhalten und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.
- Obwohl diese Ergebnisse vielversprechend sind, ist es wichtig zu beachten, dass weitere Forschung, insbesondere groß angelegte klinische Studien am Menschen, erforderlich sind, um die langfristige Sicherheit und Wirksamkeit von CBD bei diesen Erkrankungen zu bewerten und die optimalen Dosierungen und Anwendungsformen zu bestimmen.
Die Zukunft der CBD-Forschung
Herausforderungen und Chancen
Trotz vielversprechender Ergebnisse aus präklinischen Studien und ersten klinischen Studien ist unbedingt weitere Forschungsarbeit notwendig, um die Wirksamkeit und Sicherheit von CBD bei neurodegenerativen Erkrankungen zu bestätigen. Ohne diese weitern Forschungsarbeiten sind keine zuverlässigen Aussagen über die Wirksamkeit möglich.
Zukünftige Forschungsansätze sollten sich auf folgende Aspekte konzentrieren
- Klärung der genauen Wirkmechanismen von CBD im Gehirn.
- Identifizierung der optimalen Dosierung und Anwendungsform von CBD für verschiedene neurodegenerative Erkrankungen.
- Durchführung von groß angelegten, Placebo-kontrollierten Studien am Menschen, um die Langzeitwirkung und Sicherheit von CBD zu untersuchen.
- Entwicklung von standardisierten CBD-Produkten mit gleichbleibender Qualität.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Herausforderungen für die Zukunft
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Cannabis und Cannabinoiden wie CBD sind weltweit sehr unterschiedlich und stellen die Forschung vor große Herausforderungen. Die Legalisierung von medizinischem Cannabis in vielen Ländern dieser Welt und die zunehmende Akzeptanz von CBD als Therapeutikum haben den Weg für weitere Forschungsaktivitäten geebnet, dennoch bleiben einige Herausforderungen zu bewältigen:
Standardisierung und Qualitätskontrolle:
Um die Sicherheit und Wirksamkeit von CBD-Produkten zu gewährleisten, sind einheitliche Standards für die Herstellung, Kennzeichnung und Qualitätskontrolle unerlässlich.
Aufklärung und Information:
Sowohl Patienten als auch medizinisches Fachpersonal benötigen fundierte Informationen über die potenziellen Vorteile und Risiken von CBD.
Weltweite verbesserung des Zugangs zu CBD-basierten Therapien:
Der Zugang zu CBD-basierten Therapien sollte für alle Patienten gewährleistet sein, unabhängig von ihrem Wohnort oder ihrer finanziellen Situation.
Fazit und Zusammenfassung
CBD besitzt ein vielversprechendes Potenzial für die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen. Die Erforschung der neuroprotektiven Mechanismen von CBD und die Entwicklung wirksamer und sicherer Therapieansätze sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einer verbesserten Versorgung von Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen. Um das volle Potenzial von CBD auszuschöpfen, sind weitere Forschungsanstrengungen, eine Überarbeitung der gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie die Etablierung klarer Qualitätsstandards erforderlich.
Disclaimer
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Original Quelle
Optimizing Brain health and performance through essential nutrients and lifestyle changes
Kapitel 8, Chetna Bhagoji:
Neurodegeneration und Cannabidiol: Eine neuartige Therapeutische Allianz ( Seite 75-82)
https://www.researchgate.net/profile/Dr-Rajesh-Yadav/publication/383358027_Optimising_Brain_health_book-Dr_Rajesh_Yadav/links/66c94e73c2eaa500231357d3/Optimising-Brain-health-book-Dr-Rajesh-Yadav.pdf#page=90
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